Wo sind die „wahren“ Imker?

In den letzten Jahren freut sich die Gesellschaft über die dramatisch steigende Zahl der Imker in Deutschland. Ist dies aber wirklich ein Grund zur Freude? Mit Erschrecken muss ich eigentlich mehr und mehr zur Kenntnis nehmen, wer alles „Imker werden“ will. Animiert von dem Internet und hier den vielen Foren fühlen sich immer mehr Interessierte angesprochen, es doch mal mit Bienen zu versuchen. Das Internet suggeriert, wie einfach und toll das Imkern doch sei.

Und schon geht es los: schnell ist eine Bienenkiste oder ein TBH bestellt. Bestrichen mit Leinöl, man will ja nur das beste für die „Mädels“, wie die Honigbiene von manchen Ökofreunden bezeichnet wird. Schnell noch 3-4 Internetforen beigetreten, und schon erfinden diese Neuimker das Rad neu: gern belehren sie dabei alteingesessene Hasen, wie man „richtig imkert“. Styropor sei natürlich komplett verboten. Ebenso jegliche Form von Chemie, und Königinnenzucht, Zuchtauslese oder  gar Reinzucht gehen schon mal gar nicht!

Diese Imkerfreunde kommen dann auch irgendwie schnell zu Bienen. Ja, sie mögen es zu einem oder zwei Völkchen geschafft haben; im ersten Sommer. Und was wird nicht alles gefordert: weg mit einer wirtschaftlichen Betriebsweise. Bloß keine Einzelbiene ertrinken lassen in der ausgeklügelt konstruierten Tränke, unter Berücksichtigung allerfuckingvideos.cc „ökologischen Aspekte“(die Bienen finden den Misthaufen auf Nachbars Grundstück ohnehin viel interessanter).

Was kennzeichnet diese Neuimker noch aus:

  • Theorie lernen? Brauch ich nicht!
  • große, starke Völker fachgerecht pflegen? Niemals
  • Imkerliteratur und –kurse? Ist ohnehin alles falsch und überholt!
  • Geld investieren in Profiausrüstung: Überflüssig!
  • Varroabehandlung? Um Gottes Willen!
  • Beuten streichen? Niemals!
  • Smoker für Rauch? Nein danke!
  • Mittelwände? Nein, es muss Naturbau sein, möglichst noch kleine Zellen!
  • Füttern? Wozu? Wenn dann nur in Kleinstmengen!
  • Große Völker? Hilfe!

Man könnte die Liste endlos fortsetzen. Diese Imkerfreunde mögen das erste Jahr noch Bienen halten, ja. Aber dann sind sie gefordert: Einwinterung, Restentmilbung, zur Not Königinnen umweiseln und Abdrücken, Durchlenzen, Erweitern; Schwarmverhinderung, etc etc.

Die Völker dieser „Imker“ werden zu Krüppeln gequält, am unteren Limit gehalten. Bedauernswerte Kreaturen. Wo Bienen doch schon einiges aushalten.

Diese Neuimker sind dann schnell überfordert. Ihre Völker alle tot. Und ja, „es liegt ja alles an der bösen, bösen Industrie! Oder an der Landwirtschaft“. So sieht es aus, das Weltbild dieser Neuimker.

So verschwinden diese vielen Imker-Neulinge sehr schnell wieder von der Bildfläche, und es bleibt ein fader Nachgeschmack: SCHADE UM DIE BIENEN!

Wo sind die ganzen Profi-Imker, die die Imkerei im Blut haben? Die wissen, mit Bienen umzugehen? Die fachlich qualifizierten Imkervorbilder? Die Schundaus und Liebigs, die Aumeiers und Staemmlers? Die Bretschkos und Kesslers? Und wie sie alle heißen.

Ich mache mir wirklich Sorgen um das Imkerbild in Deutschland.

Kai-Michael Engfer