Grad der Einkreuzung von Apis mellifera ligustica in geschützte Bestände der Dunklen Biene Apis mellifera mellifera

Zusammenfassung und Kommentar von Kai-Michael Engfer

Unter dem oben genannten Titel wurde im Jahre 2004 bereits ein interessanter Fachartikel der dänischen Forscherin Annette B. Jensen und anderen veröffentlicht, der sich mit den Ergebnissen der Untersuchung einer Einkreuzung der Italienischen Biene in nordwesteuropäische Populationen der Dunklen Biene befasst. Im Norden und Westen Europas wurde und wird die Nordbiene bekanntermaßen nicht oder nur im geringen Maße von Einkreuzung mit der Carnica bedroht,

sondern von einer genetischen Vermischung mit der dort hauptsächlich eingeführten gelben Italienischen Biene, Apis mellifera ligustica, welche als „Weltbiene“ in Skandinavien und den britischen Inseln allen anderen Zuchtrichtungen vorgezogen wird. Heutzutage werden in diesen Ländern neben der Ligustica in geringerem Maße auch Carnica- und Buckfasthybriden in der Landesimkerei verwendet, wie auch der Artikel eindrucksvoll darstellt. Die ursprünglich heimische Dunkle Biene dagegen, so die Autoren, verliere in den letzten Jahren und Jahrzehnten immer mehr an Gewicht in den nördlichen und westlichen Ländern unseres Kontinentes. Zur Anwendung der Untersuchungen kamen in der vorliegenden Arbeit die Analysen von Markern der DNA der Mitochondrien (mtDNA), der Mikrosatelliten und der Zellkerne, welche nach Angaben der Autoren in vorigen Untersuchungen bereits für die Frage nach der Vermischung der Dunklen Biene in Frankreich (durch die Carnica, Ligustica) und in Spanien (durch die Afrikanische Biene) genutzt wurde. In der vorliegenden Arbeit wurden Mellifera-Bienen aus folgenden Ländern untersucht: Schottland, England, Irland, Schweden, Norwegen und Dänemark.

Folgende 8 Einzelherkünfte wurden hierbei der Analyse unterzogen:

  • Colonsay (Schottland)
  • Whitby (Schottland)
  • Sheffield (England)
  • East Midlands (England)
  • Irland (Republik Irland)
  • Flekkefjord Norwegen)
  • Hammerdal (Schweden)
  • Læsø (Dänemark)
  • Jutland: Ligustica als Vergleichsobjekt (Dänemark)

Im folgenden beschreiben die Autoren die genauen Verfahren der Analyse der mtDNA zur Feststellung der Haplotypen und der Zellkern- und Mikrosatelliten-DNA zur Feststellung des Vermischungsgrades. Auf die einzelnen, hochkomplexen Analyseverfahren soll hier nicht eingegangen werden.

Ergebnisse

Die Auswertungen der mitochondrialen DNA, welche ja ausschließlich mütterlicherseits vererbt wird und somit nicht die aktuelle Vermischung anzeigt, ist an sich schon im Ergebnis hochinteressant: in der Studie konnten die 379 untersuchten Völker 7 verschiedenen Haplotypen (= Ausbreitungslinien) zugeordnet werden, wovon laut Bericht sechs vorher schon bekannt waren und ein weiterer nunmehr hinzugekommen ist.

Sechs der sieben Haplotypen gehörten demnach zur Dunklen Biene Apis mellifera mellifera, darunter auch der bislang unbekannte Haplotyp. Der siebente Haplotyp war demnach erwartungsgemäß ein C1-Haplotyp von der untersuchten Ligustica-Biene Jutlands. Alle anderen seien in folgender Häufigkeit festgestellt worden:

Der häufigste Haplotyp, M4, sei dabei in allen Proben aller Mellifera-Herkünfte festgestellt worden, und in sechs von acht sei er sogar der häufigste gewesen; gefolgt von den Haplotypen M4’ (Colonsay, Sheffield) und M4’’ (East Midland), sowie den selteneren Haplotypen M3, M28 und M7 in nur wenigen Proben.

Der C1-Haplotyp werde demnach hauptsächlich bei dänischen Ligustica-Populationen festgestellt, und nur sehr selten in Mellifera-Populationen, was aber auch darauf hinweist, dass nicht jede Mellifera-Biene auch der Mellifera entspringt.

Die Ergebnisse der Untersuchung der mtDNA deuteten nach dem Artikel auf zwei Gruppen innerhalb der Mellifera hin; erwartungsgemäß auf eine „britische Gruppe“ und eine „skandinavische Gruppe“.

Die Ergebnisse der Analyse der Loci der Microsatelliten aller Völker bestätigt ein weiteres mal die relativ große Einheitlichkeit aller untersuchten Dunklen Bienen im Gegensatz zur deutlich größeren genetischen Varianz bei der Italienischen Biene. Diese Ergebnisse der genetischen Varianz der Microsatelliten werden im Fachartikel in einer ausführlichen Tabelle eindrucksvoll dargestellt. Des weiteren werden auch bestimmte Verwandtschaftsgrade der untersuchten Mellifera-Populationen dargestellt; demnach konnten, auch wieder erwartungsgemäß, alle drei britischen und irischen Herkünfte einer Gruppe zugeordnet werden, die schwedische und norwegische Mellifera einer zweiten, und die dänische Mellifera von der Insel Læsø einer dritten.

Grad der Vermischung

Der Grad der Einkreuzung von Ligustica in Populationen der Dunklen Biene wurde anhand der Analyse der Loci der Microsatelliten untersucht. Hierbei kamen zwei verschiedene Methoden zur Anwendung: Das Structure-Verfahren nach Prichard (2000) und Geneclass nach Piry (2004). Auf beide soll hier nicht näher eingegangen werden.

Im Ergebnis konnten in allen Mellifera-Herkünften Gene gefunden werden, die auf Einflüsse der Ligustica hindeuten, aber in sehr unterschiedlicher Ausprägung. Demnach sei die Dunkle Biene von Læsø die Biene, welche mit 4,8 bis 9,9% die stärkste Verkreuzung mit der Ligustica zeige, gefolgt von Sheffield mit bis zu 7,7% und den weiteren zwei Proben des britischen Festlandes, Whitby und East Midlands, mit bis zu 2,5% des Grades der Vermischung. Die geringsten Hinweise auf Einkreuzung zeigten demnach die Herkünfte Irland (Irische Republik), Colonsay (Schottland), Hammerdal (Schweden) und Flekkefjord (Norwegen).

Diskussion

Der Artikel zeigt eindrucksvoll den Grad der Hybridisierung einiger der nordwesteuropäischen Herkünfte der Dunklen Biene Apis mellifera mellifera. Dabei konnten bislang nachgewiesene Ergebnisse der Flügeluntersuchung und des optischen Gesamteindruckes dieser Bienen bestätigt werden. Dank der sehr starken, genetisch fixierten Gelbfärbung aller Ligustica-Bienen lässt sich auch eine geringfügige Vermischung mit dieser Biene optisch schnell an dem plötzlichen Auftreten gelber Ringe und Ecken, welche bei der reinen Dunklen Biene nicht vorkommen, erkennen.

Die Tatsache, dass von allen untersuchten Bienen die Dunkle Biene von Læsø die mit Abstand am stärksten vermischte ist, verwundert nicht, denn vor über 10 Jahren bereits wurde die Insel Læsø freigeben für Wanderimker, die vom dänischen Festland kommend regelmäßig mit Ligustica-Bienen in die Sommer- und Heidetracht von Læsø wandern. Nur ca. 12% der ohnehin kleinen Insel Læsø steht der Dunklen Biene als gesetzlich geschütztes Refugium zur Verfügung. Leider reicht dieses nicht aus, wie das Ergebnis eindrucksvoll zeigt.

Doch auch in allen anderen Gebieten ist die Dunkle Biene keinesfalls sicher vor einer weiteren Verkreuzung insbesondere mit der Ligustica- und auch der Buckfast-Biene. Dies zeigen sowohl die Ergebnisse der Bienen aus England, wo seit 100 Jahren die Ligustica bevorzugt wird, wie auch neuere Beobachtungen aus Schweden, wo es zunehmend zu Vermischungen mit der gelben Ligustica kommt. Auch dies ist nicht verwunderlich, denn Schweden verfügt, im Gegensatz zu Norwegen beispielsweise, über weniger und schwächere geografische Barrieren, und gerade in Schweden findet eine sehr breite, erfolgreiche und intensive Zuchtarbeit der italienischen Ligustica statt.

Das Ergebnis zeigt aber auch, dass es sehr wohl noch reine Dunkle Bienen gibt; diese lassen sich hauptsächlich in Norwegen, teils in Schweden und in Irland finden. Ein ganz besonderes Goldkörnchen ist hier die Dunkle Biene von der isolierten schottischen Insel Colonsay.

Züchter, welche die Dunklen Biene in ihrer Reinheit erhalten wollen, sollten daher unbedingt auf die genannten Herkünfte zurückgreifen.

Quelle:

ANNETTE B. JENSEN, KELLIE A. PALMER, JACOBUS J. BOOMSMA, BO V. PEDERSEN (2004) Varying degrees of Apis mellifera ligustica introgression in protected populations of the black honeybee, Apis mellifera mellifera, in northwest Europe. Molecular Ecology, 14, 93– 106

Schreibe einen Kommentar