Untersuchung der Vermischung der Augustowska-Biene in Polen

Zur Reinheit der Dunklen Polnischen Biene
Kurzbericht und Kommentar

Zellkern- und mitochondriale Muster der Hybridisierung bei der Dunklen Biene (Apis mellifera mellifera) in Polen*

Unter diesem Titel erschien ein relativ neuer, bemerkenswerter Beitrag aus dem Jahre 2011 in der Wissenschaftszeitschrift „Journal of Apicultural Research“, herausgegeben von der IBRA, der International Bee Research Association. In der Fachpublikation werden verschiedene gentechnische Analysemethoden beschrieben, die angewandt wurden, um den Hybridisierungsgrad der Dunklen Augustowska-Biene in ihrer polnischen Heimat festzustellen. Hierbei wird u. a. auf Ausgangssituationen, Methoden und Ergebnisse eingegangen, die teils bekannt, teils aber auch völlig neu sind.

Typische Augustowska Biene
Typische Augustowska-Biene

Zunächst geben die Autoren die bisherige Kenntnis über die Verbreitung der bislang von Ruttner und anderen anerkannten 29 Unterarten der Westlichen Honigbiene wieder, welche sich im ursprünglichen Europa bekanntermaßen in 3 evolutionären Linien M, C und A wiederfinden. Die Dunkle Biene nimmt demnach eine wichtige Position ein, da allein sie Europa nördlich der Alpen besiedelte und sich bekanntlich vom Atlantik bis zum Ural ausdehnte. Die Autoren benennen weiterhin die Tatsache, dass nach umfänglichen Untersuchungen (z. B. von Kauhausen-Keller) die Dunkle Biene in Deutschland bereits seit langem ausgerottet sei. In Polen dagegen sei die Situation nicht so eindeutig, was vor allem auch daran liege, dass in der jüngeren Vergangenheit relativ wenig Untersuchungen zur Reinheit der Dunklen Bienen dort vorgenommen worden seien.

Auf dieser Grundlage wurden erstmals die in Nordpolen vorkommenden Północna-und die Augustowska-Bienen (letztere wird in einem Reservat, dem Augustowski-Wald, nahe der polnisch-litauischen Grenze geschützt), gentechnisch untersucht mit dem Ziel der Feststellung, ob eine Hybridisierung mit anderen Bienen, insbesondere der Carnica, vorliege, und falls ja, wie groß die Einkreuzung ist. Zur Untersuchung wurden nach dem Bericht die DNA-Marker des Zellkerns (Mikrosatelliten) und der mitochondrialen DNA (PCR-RFLP-Analyse der mtDNA) verwendet. Bienen seien hierfür aus drei verschiedenen Regionen gesammelt worden: a. dem innersten Herzen des Augustowski-Reservates, b. der Isolationszone im Radius von 10 km, und c. von außerhalb dieser Zone, wo die Haltung von Fremdbienen erlaubt sei. Außerdem sei eine Referenzprobe der Carnica hinzugezogen worden. Insgesamt seien dabei 93 Völker mit weit über 1.000 Einzelproben untersucht worden. Auf die einzelnen Verfahren, Analyseergebnisse und Korrelationen kann hier wegen der Fülle nicht eingegangen werden.

Ergebnisse

Anhand der Untersuchung der mtDNA, bei der lediglich die mütterliche Herkunft der untersuchten Bienen festgestellt werden kann, zeigten sich laut Artikel folgende Ergebnisse: 64,6% aller untersuchten Völker Nordostpolens entstammten mütterlicherseits dem Mellifera-Haplotyp M4, gefolgt von 32,9% des Carnica-Haplotyps C2, und letztendlich 2,5% Mellifera-Haplotyp M4′.

Der Unterschied zwischen der Augustowska und der Północna sei hier auffällig gewesen: während 76,5% aller Augustowska-Völker im Augustowski-Reservat von der Mellifera abstammten, seien dies bei der Północna nur ca. 50% gewesen.

Unter Betrachtung der Ergebnisse der mtDNA und der Mikrosatelliten gehen die Autoren in dem Beitrag davon aus, dass eine deutlich messbare Hybridisierung stattgefunden habe. Auf einem Stand seien Völker der Północna vorgefunden worden, die ausschließlich der C-Linie angehöre. Auf allen anderen Ständen seien die Populationen in unterschiedlicher Stärke zur Carnica-Linie zugehörig, von 1/4 bis zu 2/3 aller Völker. Außerhalb der strengsten Schutzzone seien 45% aller Augustowska-Völker zum C-Haplotyp zugehörig, die Polnocna gar zu 50%.

Die Ergebnisse der Mikrosatellitenuntersuchte zeigten, je nach Methode und Verfahren, eine genetische Vermischung der Augustowska von 11% in der engsten Schutzzone bzw. 8% in der äußeren Schutzzone, und 32% bei der Północna. Bei einem anderen Verfahren wird von einer Vermischung von 14,7% bei der Augustowska und 22,5% bei der Północna ausgegangen.

Kommentar

Im Gegensatz zur positiven Schlussfolgerungen der Autoren, die von einem „großen heimischen Genpoolanteil“ der untersuchten Biene in der strengsten, innersten Schutzzone sprechen, darf nicht übersehen werden, dass die Gesamtpopulation der Augustowska doch von einer tiefgreifenden, durchgängig messbaren Hybridisierung betroffen ist. Der Umstand, dass einzelne Gene bzw. Loci in etlichen Völkern möglicherweise überwiegend „dunkle“ Eigenschaften zeigten, sollte nicht als Indiz gewertet werden, dass die Dunkle Biene Augustowska eine gesichert unvermischte Dunkle Biene darstellt. Zu groß erscheint der genetisch festgestellte Fremdeinfluss der Carnica in diesem relativ kleinen Augustowska-Gebiet, und zu groß erscheinen die Carnica-Hinweise sowohl in der mtDNA als auch in den Mikrosatelliten, als dass man von einer unvermischten Dunklen Biene sprechen könnte. Gerade die mtDNA zeigt eindeutig, dass ein großer Teil aller Augustowska-Völker nicht von der Mellifera, sondern von der Carnica abstamme. Und bei der Północna sei dies sogar, so der Bericht, mindestens die Hälfte gewesen.

In Zukunft mag die Untersuchung der DNA-Mikrosatelliten ein brauchbares Instrument zur Feststellung von Hybrideinflüssen bei der Dunklen Biene sein; sie sollte aber stets als Ergänzung zur optischen Untersuchung der Bienenproben und zur Vermessung des Flügelgeäders gesehen werden.

*Quelle:

Oleksa Andrzej, Chybicki Igor, Tofilski Adam, Burczyk Jarosław (2011) Nuclear and mitochondrial patterns of introgression into native dark bees (Apis mellifera mellifera) in Poland. Journal of Apicultural Research 50(2): 116-129 (2011) © IBRA 2011, DOI 10.3896/IBRA.1.50.2.03.

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